Text von Jenny Geißler-Bentler

Thomas Baumgärtel – Banane am Kreuz

 Das Kreuz, an dem Jesus für uns starb und damit die Schuld der Welt auf sich nahm und sühnte, ist den christlichen Religionen und damit ihren Mitgliedern und Anhängern ein heiliges Symbol. Es ist das Sinnbild des Christentums, da Jesu Tod an ihm letztendlich zur Auferstehung und damit zu dem Versprechen des ewigen Lebens für uns alle an seiner Seite wird.

Außerdem ist es das Symbol für die Tugenden, die das Christentum letztendlich ausmachen und es zu etwas Einzigartigem in der Welt machen. Es geht um die Liebe, ganz besonders um die Nächstenliebe, um Wahrheitsliebe, um die Liebe zu Gott und zu sich selbst.

Thomas Baumgärtel ist als „Bananensprayer“ bekannt. Er benutzt dieses Motiv in doppelter Hinsicht: Als Exzellenzbanane, um Orte oder Situationen auszuzeichnen, zu etwas Besonderem zu machen, und sprichwörtlich im Sinn von „ist alles Banane“, was soviel bedeutet wie: „Ist doch sowieso alles egal“. 

Mit seinem Werk „Banane am Kreuz“ verknüpft Thomas Baumgärtel diese beiden Themenkomplexe. Er lässt dem Betrachter die unterschiedlichsten Interpretationsmöglichkeiten.

Schlechtesten Falls kann man das Werk als eine platte Kritik des Christentums und seiner Werte verstehen: „Ist doch eh alles Banane.“ Wenn man aber Thomas Baumgärtel kennt und ihm im Entferntesten gerecht werden möchte, kann man eine so platte Interpretation sicher verwerfen. 

Stellt man aber die Frage „ist das Christentum, hier symbolisiert durch das Kreuz, nur noch Banane“, benötigen wir es überhaupt noch im hier und jetzt, und wenn ja, warum? Dann wird daraus eine sehr spannende und anregende Diskussion, die, offen ausgetragen, die Kirchen und ihre Mitglieder vielleicht auf den Ursprung des Christentums, auf die ursprünglichen Tugenden, verweist und diese wieder in das Bewusstsein und damit in den Lebensalltag rücken. Diese Interpretation dürfte meines Erachtens wohl dem Künstler am ehesten entsprechen.

Wenn man möchte, kann man aber auch die Banane am Kreuz als „Exzellenzbanane“ betrachten. Ja, Jesus, sein Leiden und Sterben, seine Auferstehung, seine Lehre und seine Gebote sind bis heute wichtig und sind die Grundlagen auch unserer heutigen Gesellschaft.

Ein letzter Gedanke: Die Banane ist halb entblößt, halb nackt. Aber genau hier, in ihrer vielleicht etwas anstößigen Pose, trifft sie in das Herz des Betrachters. Auch Jesus war in seiner schwersten Stunde bis auf das Lendentuch nackt, entblößt und den voyeuristischen Blicken seiner Peiniger ausgesetzt. Tiefer konnte man nach menschlichem Ermessen nicht sinken. Was für ein Trugschluss! Der Beginn der Auferstehung!

All diese Gedanken, diese Interpretationsmöglichkeiten sind in diesem Bild enthalten. Genug Stoff zum Nachdenken.

Jenny Geißler-Bentler, Galeristin zur Eröffnung der Ausstellung „Beethoven, die Demokratie und die Banane“ in der Namen-Jesu-Kirche Bonn am 12. September 2024 

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