Text von Anja Barth

zur Ankündigung der Ausstellung „Bananen-Mix“ von Thomas Bumgärtel in der Galerie Kaysser, Ruhpolding, 3. Dezember 2022 bis 5. März 2023

Anders als viele denken war es nicht Andy Warhol, durch den Thomas Baumgärtel auf die Bananekam, sondern Jesus. Als er 1983 im Zuge seines Zivildienstes im katholischen Krankenhaus seiner Heimatstadt Rheinberg eine heruntergefallene Christusfigur durch eine Bananenschale amKreuz ersetzte, war das nicht mehr als eine momentane Eingabe, ein augenzwinkernder Lausbubenstreich– und machte doch eine Sache sofort und unmissverständlich klar: eine Banane amrichtigen Fleck erzeugt Aufmerksamkeit. 
Und so bastelte Baumgärtel 1986 während seines Kunst und Psychologiestudiums eine Bananenschablone und zog als einer der ersten deutschen Street-Artists in die Welt hinaus, Jahrzehnte bevor Namen wie Banksy die lange als Sachbeschädigungverpönte Street-Art salonfähig und, nicht zuletzt, profitabel gemacht haben. Für die einen ist Street-Art wenn schon nicht Sachbeschädigung, dann zumindest eine Anmaßung,die für sich selbst beansprucht, was eigentlich allen gehört. Für die anderen ist sie ein Zugewinnim schnöden Grau des öffentlichen Raumes und lädt ihn mit Bedeutung auf. Seit 1986 sprüht Thomas Baumgärtel als einer der frühesten deutschen Street-Artists seine Graffiti-Bananen an öffentliche Wände in Köln, Deutschland und der ganzen Welt. So synonym ist der Künstler mit seinem Sujet geworden, dass er als "Bananensprayer" bekannter ist als unter seinem Klarnamen. Plakativ, einprägsam und polarisierend dienen seine Pop-Art Bananen als leuchtende Ausrufezeichen im öffentlichen Raum.




Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern verweisen Baumgärtels Werke jedoch nie nur auf ihn selbst, sondern dienen als krumme Wegweiser, die diegewonnene Aufmerksamkeit auf etwas lenken, das sie seines Erachtens nach mehr verdient.
War dies zunächst sehenswerte Kunst in Museen und Galerien, neben deren Eingangstüren die gelben Südfrüchte leuchteten, nutzte Baumgärtel seine öffentliche Position alsbald auch, um politischStellung zu beziehen. Gegen den Krieg nach dem 11. September 2001, gegen Erdogan und Trump und nun gegen Putin und seinen brutalen Überfall auf die Ukraine. Man spürt darin eine Ernsthaftigkeit und Verantwortung, die viele der oft so jugendlich daherkommenden Street-Art nicht unbedingt zugetraut hätten.
Seit bald 40 Jahren führt der jung gebliebene Baumgärtel seine Banane ins Feld gegen Missständeund Autokraten, gewitzt, polarisierend, verantwortungsbewusst - und noch kein bisschenmüde.

Anja Barth 

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