Die Banane als politisches Prinzip und Werkzeug
Ein Künstler kann nicht politisch genug sein. Kunst ohne Wirkung ist für mich keine Kunst. Kunst die Wirkung zeigt mischt sich automatisch ins aktuelle Geschehen und damit in die Politik selbst ein.
Diese Erkenntnis ist nicht über Nacht entstanden, sondern in mir über Jahre herangereift wie die Banane selbst. Vor 20 Jahren waren meine ersten Spraybananen noch Sprüh-Aktionen im illegalen Raum. Damals haftete Graffiti etwas sehr Verbotenes an, über das ich mich hinwegsetzte, obwohl ich dafür viele Strafanzeigen kassiert habe und oft verhaftet wurde.
Inzwischen hat der Kunstmarkt die Banane zu einem Markenzeichen gemacht und gesagt: wo die Banane ist, findet gute Kunst statt. Normalerweise wird ja immer der Künstler bewertet. Mit der Banane als Signet für Kritik am Kunstmarkt aber habe ich damals den Spieß einfach umgedreht und Orte nach eigenen Kriterien bewertet – ob sie interessant sind, sich für Künstler engagieren, gute Vermittlungsarbeit leisten und nicht unbedingt nur materielle Kriterien bzw. das schnelle Geld im Vordergrund sehen. Diese Orte wurden mit einer Banane markiert. Damit wurde die Banane quasi ein Michelin-Stern für Kunst, ohne dass ich diesen Prozess hätte beeinflussen können.
Eine andere politische Arbeit trägt den Namen „Unsere Bananenrepublik“. das sind Arbeiten, in denen ich meine Banane mit Politiker- und Korruptionsskandalen gefüllt habe: Vom nationalen Müllskandal in Köln angefangen, über den Kölner Messeskandal, der bis vor das Europäische Verwaltungsgericht in Brüssel ging, bis zum diesjährigen Bürgermeisterskandal von Delbrück, der erst Neuwahlen anberaumte und dann verkündete, dass er doch lieber weitermacht, weil er eine Wahlniederlage befürchtete.
Solche undemokratischen Prozesse kann ich mit meiner Banane sehr gut aufgreifen und mit Humor und Ironie auf das politische Geschehen Einfluss nehmen. Im Fall des Oberbürgenmeisters zeigte ein Transparent vor dem Rathaus durchaus Wirkung. Ein Bild vom Bürgermeister mit einer Bananennase wie bei Pinocchio ist seitdem auch Teil meines Werkblocks „Metamorphosen der Spraybanane“, den ich bei vielen Ausstellungen in Museen und Galerien präsentiere.
So gesehen verstehe ich es als innere Verpflichtung, meinen Teil dazu beizutragen, damit Politik einen gerechteren Weg geht und für eine Gesellschaft steht, in der man friedlich zusammenleben kann. Denn wenn Politik nur ein Mittel ist, um an Macht zu kommen, ist dies genau die Politik, die ich nicht möchte - und ein direkter Hinweis für mich, einzuschreiten.
Thomas Baumgärtel, November 2006 auf Anfrage von Ulrike Pfaff für Projekt "Politisches Tagebuch / Menschen. das magazin".