Katalogtext von Dr. Sandra Abend zur Einzelausstel
Bekannt geworden ist der Kölner Künstler Thomas Baumgärtel durch sein Markenzeichen, die gelbe Banane. Diese sprüht er seit 1986 als Gütesiegel an kulturelle Institutionen in der ganzen Welt. Kaum jemand weiß jedoch, dass sein facettenreiches, intermediales Oeuvre mit einem medizinischen Thema begann.
Die erstmalig im Wilhelm-Fabry-Museum ausgestellten frühen großformatigen Arbeiten stellen menschliche Köpfe dar. Sie wurden mit PVC gemalt und gegossen. Von der malerischen Umsetzung changieren sie zwischen abstrakter und gegenständlicher Form.
Bedingt durch die Materialeigenschaft weisen die Motive eine besonders hohe Plastizität auf. Viele Arbeiten erinnern an bildgebende Verfahren in der Medizin, wie an eine Röntgenaufnahme oder an ein CT. Sie geben verschiedene malerische Einblicke ins menschliche Innere und stellen Augen-, Mund- und Nasenhöhlen dar und zeigen die Luft- und Speiseröhre. Diese Parallele ist kein Zufall, da Thomas Baumgärtel im Krankenhaus als Zivildienstleistender in seiner „Röntgenzeit“ Bleischürze tragend bei ratterndem Geigenzähler die Aufnahmen erlebte. Diese Zeit sollte der Vorbereitung auf ein Medizinstudium dienen, aber er studierte Freie Kunst und Psychologie.
Eine konkrete Auseinandersetzung mit dem Thema Psychologie in der Kunst setzt bei ihm mit einer Serie von 23 Zeichnungen im Jahr 1988 ein. Der Auslöser für die Thematik war ein Praktikum in einer Psychiatrischen Tagesklinik in Köln zu Beginn des Psychologiestudiums.
Die in diesem Zeitraum geschaffenen Werke sind Ausdruck der erfahrenen Situationen. Die kleinformatigen Zeichnungen, die ebenfalls in der Ausstellung präsentiert werden, stellen ein Gegengewicht zu den physischen Aspekten der sieben Köpfe dar. Sie sind in der Mischtechnik Kollage, Beize, Tinte und Bleistift entstanden.
Das Thema wird in den Arbeiten kritisch, makaber und zugleich humorvoll umgesetzt. Stark beeinflusst hat ihn bei der Darstellung der Arbeiten die Psychoanalyse, die sich unter anderem mit der prägenden Zeit des Menschen auseinandersetzt. Denn in der Pränatalen Phase erfährt das Kind im Mutterleib bereits Einflüsse, die es ein Leben lang prägen. So werden die Bildaussagen häufig über Baby- oder Kleinkind-Darstellungen transportiert. Alle Figuren auf den Zeichnungen haben auf ihrem Kopf eine Nummer aus ausgeschnittenem Zeitungspapier.
Die Ausstellung zeigt ebenfalls Motivvariationen der Äskulapbanane. Diese Darstellung, die als Idee in den 90er Jahren entstanden ist, stellt im künstlerischen Schaffen Baumgärtels eine der ersten Metamorphosen der Spraybanane dar.
Dr. Sandra Abend, Wilhelm-Fabry-Museum Hilden