Gelbe Farbe geht niemals aus

Gelbe Farbe geht niemals aus.

Mit Anfang 20 war er der Schreck aller Ordensschwestern vom Niederrhein. Später zitterten die Stadtoberen von Köln vor der mysteriösen Lackbanane. Und heute betteln Galeristen auf Knien um eine gesprühte Banane. Wie aus Thomas Baumgärtel einer der angesagtesten Pop-Art-Künstler wurde. SWR3 Reporter Andreas Hain hat den Bananensprayer in seinem Atelier in Köln besucht

In einer alten Industriehalle in Köln-Nippes düst Thomas Baumgärtel mit seinem Aluroller von seinem Schreibtisch rüber ins Atelier. „Das sind 400 Quadratmeter – ich werd’ sonst fußlahm“, flachst er und steigt ab. Aber so viel Platz braucht er, denn die meisten seiner Werke sind übermannsgroß. Sie haben alle etwas gemeinsam und wirken, als hätte Thomas einen geheimen Pakt mit einem Handelsvertreter für gelbe Farbe geschlossen. Denn die knallgelbe Banane ist sein Markenzeichen. Am liebsten gesprüht und am allerliebsten in Situationen, die nichts mit Obst zu tun haben. Alles fing vor über 20 Jahren in einem katholischen Krankenhaus am Niederrhein an. Über jedem Patientenbett hing ein kleines Holzkreuz mit einem Porzellanjesus. Als der junge Thomas eines Morgens ins Zimmer kam, lag eines dieser Kreuze auf dem Boden und der Jesus in Scherben. „So konnte das nicht bleiben“, erinnert er sich. „Ich kehrte die Scherben zusammen und drückte eine Banane auf die Nägel, die noch im Holz waren. “ Die Patienten freuten sich diebisch und konnten – der Sage nach – plötzlich wieder laufen. Nur die Ordensschwestern mussten sich erst einmal setzen und tief Luft holen. „Krumm genommen hat mir das niemand richtig, aber für mich war klar, wie viele Emotionen eine Banane so freisetzen kann.“ Ein ernstzunehmender Künstler zu werden, davon war Thomas Baumgärtel damals noch weit entfernt. Aber er hatte die Banane als Kunstobjekt für sich entdeckt. Und dieses Kunstobjekt sollte dorthin, wo Kunst hin gehört: an Museen und öffentliche Gebäude. „In einer Nacht-und-Nebel-Aktionen sprühte ich hier in Köln das Museum Ludwig an“, erzählt er. Doch mit wie viel Aufmerksamkeit das verfolgt wurde, war ihm dann doch etwas zu viel. „Jemand hatte mich wohl verpfiffen und plötzlich wurde ich von Mannschaftswagen der Polizei umzingelt und ich landete mit Handschellen auf der Motorhaube. “Erst als die Spraybanane eindeutig als nicht-terroristischer Akt identifiziert worden war, ließ man ihn wieder los. Thomas Baumgärtel kam trotzdem nicht davon ab, seine Banane weiter an Wände zu sprühen. „Die Strafanzeigen hagelten ordnerweise! “Aber gleichzeitig wurde die Spraybanane immer berühmter. Inzwischen gibt es Baumgärtels Frucht in tausend Variationen: Als Bundesadler, als Herz, als Dollar- und Paragraphenzeichen, als Haifisch, als Karnevalsprinz, als Ernie, als Fallus, als Halbmond, als Notenschlüssel... und es wird sie wohl auch noch so lange geben, wie gelbe Farbe lieferbar ist. „Es kam schon mal vor, dass der Sprühkopf Ladehemmungen hatte, aber dass mir die gelbe Farbe ausgeht: niemals“, so der Kölner Künstler lachend, schwingt sich auf seinen Aluroller und rollt rüber ins Büro. Denn aus dem zwei Meter hohen Gemälde, an das er gerade noch die letzten Pinselstriche gesetzt hat, soll jetzt am Computer das neue SWR3 New Pop Plakat entstehen. „Ich war vor zwei Jahren selbst als Zuschauer beim New Pop Festival und hab’ mich von der Stimmung dort inspirieren lassen. “New Pop und Pop Art passen eben am allerbesten zusammen und deshalb werben 2007 die berühmten knallgelben Spraybananen von Thomas Baumgärtel für das SWR3 New Pop Festival.

Andreas Hain, in: SWR3 DAS MAGAZIN 6/2007

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