Eröffnungsrede von Stephan Schönenbach
zur Enthüllung des Philipp-Melanchthon-Portraits
von Thomas Baumgärtel in der Melanchthonkirche in Köln-Zollstock am 17.12.2022:
Philipp Melanchthon und Thomas Baumgärtel – diese Konstellation gab es schon einmal.
Im Landeskirchenamt in Düsseldorf haben wir eine über mehrere Jahre angelegte Kunstaktion mit dem Titel „Kirchenköpfe“ ins Leben gerufen, bei der wir Menschen gedenken und an sie erinnern wollen, die in der rheinischen Kirche gewirkt und sie maßgeblich geprägt haben, unter anderem eben Philipp Melanchthon.
Wir haben insgesamt 20 großformatige Portraits dieser Menschen direkt auf die vielen Betonwände unseres Bürogebäudes sprayen oder malen lassen. Dafür konnten wir in erster Linie junge, bis dahin noch unbekannte Künstlerinnen und Künstler gewinnen, denen ausnahmslos tolle Graffitis gelungen sind. Ein Kollege lobte dann vor einiger Zeit: „Großartiges Projekt. Frag doch mal Thomas Baumgärtel, ob er sich beteiligen möchte - der kann doch auch Street-Art.“ Ich dachte: „Wow, Thomas Baumgärtel? Den kriegen wir nie, der ist doch schon ein richtiger Künstler.“ Ich wollte es dann aber doch nicht unversucht lassen und habe ihm eine Mail geschriebenc
Zu meiner großen Freude hat er sich prompt gemeldet und tatsächlich zugesagt. Ich habe ihn dann in seinem Atelier hier in Köln besucht und war völlig fasziniert von der Fülle und Vielfalt seiner Werke. Dieses überwältigend große Atelier ist einer der spannendsten Orte an denen ich je war und mittlerweile mehrfach sein durfte. Da standen und hingen gefühlt mehrere tausend Bilder und Skulpturen unterschiedlichster Genres.
Baumgärtel ist der Bananensprayer, ihn aber auf die auch in Köln gegenwärtige Banane zu reduzieren wäre völlig falsch. Wenngleich sie natürlich sein Markenzeichen ist. Die Banane ist sein Statement, seine Waffe, seine Auszeichnung für Museen und besondere Orte der Kunst – und das weltweit.
Thomas Baumgärtel, Baujahr 1960, hat in Köln unter anderem bei Franz Dank studiert und ist einer der ersten Street-Art-Künstler Deutschlands. Seit fast 40 Jahren setzt er seine Bananen-Schablone ein als universelles Werkzeug, für aber auch gegen alles, was ihn bewegt, was ihm gefällt und was ihn wütend macht.
Doch es bleibt nicht bei dieser Provokation im Kampf für die Freiheit der Kunst, der Gesellschaft und der pluralistischen Demokratie: Baumgärtel manipuliert die Vergangenheit, indem er „Alte Meister“ oder dreidimensionale Objekte mit seinen Schablonen und Botschaften weiterentwickelt, veredelt könnte man sagen.
Seine Kunst ist vielschichtig, mutig und pointiert. Immer aufs Neue legt er – und das ist ganz im Sinne der Street-Art – den Finger in die Wunden der Gegenwart. Thomas Baumgärtel hat sich im Landeskirchenamt in Düsseldorf letztendlich mit zwei wunderbaren Portraits verewigt. Er hat an einem Freitagnachmittag mit den Vorbereitungen begonnen und war bereits am nächsten Tag im Laufe des Vormittags fertig - mit zwei Portraits an zwei unterschiedlichen Orten und das obwohl er sich in den frühen Morgenstunden einmal beim Luftschnappen aus dem Landeskirchenamt ausgesperrt hatte.
Ein Hausmeister konnte ihm glücklicherweise die Tür wieder öffnen. Sein Bild von Philipp Melanchthon in Düsseldorf ist wirklich außergewöhnlich, wertschätzend und unverwechselbar, genau wie das, was wir hier gleich zu sehen bekommen.
Ich danke Ihnen für die Einladung und freue mich, bei der Enthüllung dabei sein zu dürfen.
Stephan Schönenbach
(Ev. Kirche im Rheinland, Landeskirchenamt, Dezernat 5.2)