Eröffnungsrede von Hans-Jürgen Pöschl


... Rektor und Pfarrer an der Namen-Jesu-Kirche, zur Eröffnung der Ausstellung „Beethoven, die Demokratie und die Banane" in der Namen-Jesu-Kirche Bonn am
12. September 2024

„Jetzt ist die Zeit der Banane“
Oder: Ist die Banane für die Theologie von Relevanz? Nun ja…

Nach den Äpfeln sind die Bananen das zweitliebste Obst der Deutschen. Wer Äpfel und Theologie in Verbindung bringen will, muss in der Regel nicht lange überlegen: Das Bild von Adam und Eva, die unter einem Apfelbaum stehen, an dem sich eine Schlange rankt, und der Versuchung erliegen, diese ‚verbotene Frucht‘ vom Baum zu pflücken, hat sich tief in unser kulturelles Gedächtnis eingebrannt: mit der unseligen und bis heute in manchen Kreisen wirksamen Konnotation, dass es Eva gewesen sei, die den Adam mit diesem Apfel verführt habe und somit schuld an eigentlich allem sei.



Bevor ich zur Banane zurückkomme, will ich zumindest kurz klarstellen: Ein Apfel kommt in der biblischen Geschichte von Adam und Eva nicht vor. Es geht um die Frucht der Erkenntnis von Gut und Böse. Aber wie will ein bildender Künstler so etwas in Szene setzen? Es spricht viel dafür, dass Maler früherer Zeiten sich eines Wortspieles bedient und so ungewollt die Vorstellung in die Welt gebracht haben, Eva habe dem Adam von einem verbotenen Apfel kosten lassen. Der lateinische Name für Apfel ist ‚malus‘; ‚malum‘ heißt ‚das Böse‘. Damalige Betrachter, die sich der Mehrdeutigkeit und Anspielungen der Kunst bewusst waren, dürften dieses Wortspiel verstanden haben, doch scheint es mit der Zeit in Vergessenheit geraten zu sein. Die bittere und leidvolle Ironie der Geschichte: Die Erzählung, welche die Ursünde des Menschen daran festmacht, alles haben zu wollen, bei Bedarf dann jedoch die Verantwortung auf andere zu schieben (darin besteht wohl das ‚malum‘, von dem Adam und Eva gekostet hatten), wurde dafür missbraucht, die Verantwortung für alles Unglück der Welt auf Eva – und damit auf die Frauen abzuwälzen. 


Wenn ein Künstler heute also Adam und Eva mit einer Banane darstellt, hat er dafür eigentlich – biblisch betrachtet – den gleichen Rückhalt wie ein Künstler, der Eva einen Apfel in die Hand gibt. Und: ganz abwegig ist es nicht, die Banane mit dem Paradies in Verbindung zu bringen, denn schließlich wurde diese Frucht früher auch als ‚Paradiesfeige‘ bezeichnet. Und welcher Darstellung man schließlich den Vorzug gibt, ist auch eine Sache des Kontextes in der jeweiligen Zeit. Thomas Baumgärtel ist in seiner Aussage hier ganz eindeutig: Jetzt ist die Zeit der Banane! 

Bis zum industriellen Zeitalter stand die Zeit für die Banane schlecht. Denn sie war schlicht und ergreifend nicht verfügbar und spielte im Alltagsleben keine Rolle, weder in biblischen Ländern noch bei uns. Es ist also kein Wunder, dass sie erst mit dem massenhaften Import auch in der Kunst- und Kulturszene auftaucht. Und dass die Banane dazu taugt, nach dem Wie, Was und Warum unserer Welt zu fragen, machten abseits der Kunst auch einige Schweizer Pfarrfrauen in den siebziger Jahren deutlich, die sich in Frauenfeld (sic!) trafen und mit ihren unbequemen Forderungen an die Großhändler, den Produzenten im Ausland gerechte Löhne zu zahlen. Dies war ein wesentlicher Impuls für den sich in der Folge ausbreitenden Fairtrade-Gedanken.

Doch steht die Banane mittlerweile nicht mehr nur sinnbildlich für einen gerechteren Welthandel, sondern auch für einen ungerecht empfundenen Umgang in der Theologie: Im Jahr 1997 veröffentlichte der Südkoreaner Hwa Yung sein Buch „Mangoes or Bananas?“. Darin vergleicht er die westlichen Missionierungen mit einer ‚Bananentheologie: äußerlich „gelb“ und für die asiatische Kultur verständlich, innen jedoch weiß und westlich. Er plädiert für eine kontextuelle Theologie der Asiaten die nicht nur einfach westliche Theologie verpackt, sondern durch und durch asiatisch ist. 

Die Banane ist also sehr ambivalent. Sie ist nicht nur beliebt, was nicht zuletzt in vielen Formulierungen deutlich wird, wenn wir etwa von einer ‚Bananenrepublik‘ sprechen oder ‚alles Banane‘ ist. Ich bin Thomas Baumgärtel dankbar, dass er diese Amivalenz aufgreift und sowohl die ‚Exzellenzbanane‘ als Auszeichnung vergibt, als auch die abwertende Deutung zulässt. Das wird der Vieldeutigkeit der Dinge unseres Alltags und unserer Welt gerecht. Was schon der Philosoph Epiktet in der Antike formulierte, gilt wohl auch hier: „Nicht die Dinge an sich, sondern die Meinungen von den Dingen beunruhigen die Menschen“.

Hat nun die Banane eine theologische Relevanz? Und ob! Sie spielt in unserem Alltag, in unserer Sprache und auch in unserem gerechten Umgang mit anderen Erdteilen eine Rolle. Es gibt nichts, was in unserem Alltag wichtig ist und keine theologische Relevanz hätte. Daneben ist die Banane aber auch ein Beispiel für die Ambiguität unserer Welt. Wie wir die Geschehnisse der Welt deuten und in welche Richtung unsere Welt gehen wird, die gleichzeitig ‚exzellent‘ und ‚gleichgültig‘ ist, liegt an uns.

 Herzlichen Dank Thomas Baumgärtel und der Galerie Geißler und Bentler, die diese Ausstellung in die Namen-Jesu Kirche gebracht haben.

Alles Banane?

Ja, so gesehen: alles Banane!

Hans-Jürgen Pöschl

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