Am Anfang war die Banane…! Die Kunst von Thomas Ba

Am Anfang war die Banane…! Die Kunst von Thomas Baumgärtel.

von Meinrad Maria Grewenig

(Eröffnungsrede und Katalogtext zur Ausstellung "Wein ist Banane" im Frank-Loebschen Haus 2013)

Lieber Theo Kautzmann, da bist Du nun einmal weg, als Geschäftsführer der Südlichen Weinstraße.., aber das ist morgen, heute, bist du noch da! Dir zum Abschied mit Thomas Baumgärtel zuzurufen: „Alles Banane…!“, dies ist mir ein tiefes Bedürfnis. Wenn Deine letzte Ausstellung im Rahmen der Weintage Südliche Weinstraße den Titel trägt, „Wein ist Banane“, so ist es in mehrfachem Sinne treffend. Für mich ist diese gelbe aufgesprühte Banane, solange ich denken kann, Hinweis auf Kunst und Symbol ausgezeichneter Kunstorte. Seit vielen Jahrzehnten leitet mich dieses Zeichen, und zeigt mir die Orte, an denen sich spannende Kunst erleben lässt oder eine aktive Auseinandersetzung mit ihr geführt wird. Diese gelbe aufgesprühte Banane markierte die Orte, auf die es ankommt.

Dabei handelt es sich bei dieser Banane um eine der frühen Formen der Street Art in Europa, die im städtischen und urbanen Raum einer Intervention gleich, Vorhandenes markiert, signiert und symbolisiert. Nicht Writing oder Tekking, wie das die Stars der U-Bahnen in den Bronx von New York machten, sondern Pochoir, schabloniertes Bild eines außergewöhnlichen und unüblichen Gegenstandes, einer Banane. Dies erfolgte in einer Konsequenz, die in ihrer Eindeutigkeit und Stringenz nicht zu überbieten ist. Manchmal erinnerte mich die immer wieder gleichartige Verwendung der Banane auch an konkrete Kunst oder Minimalart, auch ein wenig an Zero. Im Ergebnis war immer auch der Prozess des Werdens der Banane auf der Häuserfront oder Fassade mitzudenken. Damit ist die Banane nicht nur Symbol, pochierte Street Art, sondern auch immer gleichzeitig Konzeptart und Performance und vereint in sich viele, auch einzeln zu betrachtende wichtige Kunstrichtungen in einer Realisierung. Wie die Meister der Street Art war der Bananensprayer kriminalisiert, weil er besitzstörend in den öffentlichen Raum eingegriffen und ihn mit seinen Interventionen verändert hat. Diese - im Verhältnis zu den markierten Museen und Ausstellungshallen - kleine Banane hat die Visibility der Kunstorte bedeutend verbessert. Dabei ist der aufgesprühte Gegenstand durchaus mit einem Augenzwinkern und Freude im Herzen zu begreifen. Ist die Banane doch etwas, was immer noch einen außergewöhnlichen Hauch von Exotik und Exklusivität besitzt, auch wenn sie in unserer Welt heute wohlfeil sogar beim Discounter zu kaufen ist. Möglicherweise stellt sie das demokratische Bindeglied zwischen einer auf höchste Exklusivität ausgerichteten Kunst und einem allseits verfügbaren besonderen Geschmack unserer Zivilisation dar. Manchmal heißt Banane auch Musa Paradisiaca, was möglicherweise auf eine Herkunft aus dem Paradies schließen lässt. Das Zeichen ist damit auch von seiner Bedeutungsseite her maximal positioniert.

Erst viel später habe ich die Identität des in Köln lebenden und arbeitenden Künstlers Thomas Baumgärtel, der 1960 geboren wurde, hinter diesen Sprayerbananen realisiert. Hüllte er sich doch in der Anfangszeit bis zur ersten Aufdeckung in Anonymität. Erst die Sprayaktion am Museum Ludwig Köln, Mitte der 1980-er Jahre des 20. Jahrhunderts, führte dazu, dass Thomas Baumgärtel von der Polizei ertappt und sein Name damit öffentlich wurde. Inzwischen hat er mehr als 4.000 herausragende Orte der Kunst in der Welt markiert, miteinander vernetzt und zu einem Netzwerk außergewöhnliche Kunstorte verbunden. 1992 war er mit neun Bananen auf der documenta IX vertreten, die Jan Hoet geleitet hat. Bei dieser enormen Anzahl von markierten Orten in der Welt, ist es nahezu folgerichtig dass Thomas Baumgärtel sich ab dem Jahre 2000 dem Bananen-Pointillismus zuwendet. Ich habe mir das immer so vorgestellt als betrachte man die Welt aus einer Perspektive weit im Weltall. Plötzlich wachsen alle Bananen zu einem neuen Bild zusammen, das eine andere Bildanmutung hat, als die Elemente selbst. Dass schließlich Thomas Baumgärtel bewegliche Untergründe für seine Bananenspray-Aktionen einsetzt, die es ihm ermöglichen die nun entstandenen Objekte auch in Galerien und Museen zu bringen, entspricht dem Weg der Künstler die auf der Straße begannen und heute längst fester Bestandteil der Museumsszene sind.

Die fantastischen Weine der Südlichen Weinstraße, die machen die Winzerinnen und Winzer. Was sind aber die Weine wirklich wert, wenn Sie von den vielen Menschen, die sie schätzen und kaufen sollen, nicht angemessen wahrgenommen werden und wenn diese Weine in unserer Welt nicht angemessen sichtbar sind. Das lieber Theo Kautzmann ist/war Dein Geschäft, auch dass darüber hinaus die vielen ausgezeichneten Einzelkreationen an Weinen unter dem Label der Südliche Weinstraße wahrgenommen werden können. Das Label Südliche Weinstraße selbst wurde zur Auszeichnung, das haben Du und Dein Team auf das Außergewöhnlichste vollbracht. Hier schließt sich der Kreis zu den Bananenbildern von Thomas Baumgärtel. Diese gelbe Banane hat wie kein anderes Zeichen Kunst und Kunstorte markiert, hat gezeigt, wo in Städten und Häuserfluchten sich die Kunst verbirgt. Folge der Banane, wenn Du zur Kunst willst. Durch die Markierung mit der gelben Banane wurden und werden von außen nicht immer identifizierbar Orte letztendlich erst zu dem, was sie sind, Stand-und Zielorte der Kunst und unserer Fantasie. Nun haben die Weine der Südlichen Weinstraße auch eine Banane, Du hast schon vor Jahrzehnten gewusst, dass Wein und Kunst die beste Verbindung ist. In diesem Sinne danke und: Wein ist Banane.

Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor des Weltkulturerbe Völklinger Hütte

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